"Does IT matter?"


Mit dieser Frage hat sich bereits nach dem industriellen Einzug von Datenverarbeitungssystemen Nicholas G. Carr beschäftigt – Autor und Journalist im Bereich Technologie, Wirtschaft und Soziologie.1 In seinem Artikel "IT doesn't matter" im Harvard Business Review (Kennung R0305B) kommt dieser kurz nach der Jahrtausendwende 2003 zu dem Schluss, dass IT und die damit verbundenen Möglichkeiten kaum mehr als die neuste Infrastrukturrevolution sein kann.2 Ebenso wie die flächendeckende Einführung von Elektrizität ab dem Jahre 1889 verändert sich in der Industrie zwar das Hauptmedium auf und mit dem operiert wird, viel mehr als eine Karosserie, die bestehende Prozesse und Vorgänge eines Unternehmens trägt und auf eine nun digitale Weise abbildet sei dem Phänomen IT allerdings nicht zuzuschreiben.

Dies scheint intuitiv eine klare Fehlannahme, besonders in Zeiten von Technologiegiganten wie Alphabet, Tesla oder Apple, der Coronakrise und rasant wachsenden Blockchainanwendungen wie Kryptowährungen oder NFTs3 , die seit den 1960er-Jahren einziehende Technologisierung der Industrie plausibilisiert allerdings die heute als gewagt wirkende Schlussfolgerung Carrs sowie das noch heute weitverbreitete Verständnis von IT als „Cost-Center“ bzw. Infrastruktur am Markt stark.4

Historisch und der klassischen Manufaktur folgt die Wertschöpfung eines Unternehmens in der Regel den Phasen: Planung, Umsetzung und Inbetriebnahme oder zu englisch plan, build und run.5 Dieses der Industrialisierung entstammende Paradigma zeichnet besonders im wirtschaftlichen Kontext das allgemeine Verständnis im Umgang mit der Konzeption und Abbildung von Prozessketten. Dementsprechend nahe lag der Impuls, die zur (Teil-)Automatisierung fähige Technologie der IT in genau diesem Modus einzusetzen. Entsprechend verhielt es sich mit der Direktive im Umgang von IT-Ressourcen und dem Management dieser begründete damit das heute als „Plan-Build-Run“ bekannte IT-Management-Paradigma. Kernelemente dessen waren vor allem Effizienzsteigerung bestehender Prozesse und Individuallösungen, um sich möglichst wenig für andere Marktteilnehmer angreifbar zu machen.


Schaut man wieder zurück auf die heute dominierenden Technologiegrößen der Industrien, scheinen vor allem Themen wie Innovation, Veränderungsfähigkeit und Schnelligkeit in der Umsetzung neuer Ideen von Bedeutung zu sein.6 Das Selbstverständnis des Einsatzes informationstechnologischer Lösungen im professionellen Rahmen unterliegt damit zum einen augenscheinlich einem enormen Wandel, wobei mannigfaltige rein digitale Geschäftsmodelle wie Online-Streamingdienste zum anderen darlegen, dass die Informationstechnik weit mehr als der neue „Unterbau“ seit Jahren bestehender Unternehmen ist – sodass selbst Nicholas G. Carr lediglich ein Jahr nach Veröffentlichung seines Artikels „IT doesn’t matter“, im Jahr 2004 zu dem Schluss kam, dass IT und die daran hängenden Disziplinen von weitreichender Bedeutung für die moderne Wirtschaft sein würden.



1: Carr 2022, Blog, aufgerufen am 22.10.2022
2: hierzu und in der Folge Carr 2003, “IT Doesn’t Matter”, Harvard Business Review R0305B
3: Bocksch 2022, Statista GmbH, aufgerufen am 22.10.2022
4: hierzu und in der Folge Urbach/ Ahlemann 2016, IT-Management im Zeitalter der Digitalisierung, Springer; Schönfelder 2018, Muße – Garant für unternehmerischen Erfolg, Springer
5: hierzu und in der Folge Urbach/ Ahlemann 2016, IT-Management im Zeitalter der Digitalisierung, Springer
6: hierzu und in der Folge Urbach/ Ahlemann 2016, IT-Management im Zeitalter der Digitalisierung, Springer